Atmung; Frau vor einem Sonnenuntergang

Das Zusammenspiel zwischen Atmung und Stimme

  • 8. Juni 2020

Ohne Atmung – ohne uns. Der Atem ist ein treuer und lebenslanger Begleiter, ohne den wir nicht überlebensfähig wären. Unser Körper ist nicht darauf ausgelegt, Sauerstoff zu speichern. Also muss das Wunderorgan Lunge ran: Je nachdem ob wir gerade aktiv sind oder uns im Ruhezustand befinden, atmen wir ungefähr 12- bis 20-mal pro Minute, damit jede Zelle mit frischer Luft versorgt wird. Einatmen. Ausatmen. Einatmen. Ausatmen. Für uns meist ein unbewusster Vorgang, der einfach geschieht. Wenn wir meditieren, heißt es oft „Bei jeder Einatmung nehmen wir neue Energie auf und bei jeder Ausatmung lassen wir alten Ballast los.“ Das ist natürlich sehr vereinfacht ausgedrückt, aber ungefähr so passiert es. Bei jeder Einatmung wird frischer Sauerstoff aufgenommen, der durch unseren Körper fließt. Der Atem strömt durch die Nase ein, vorbei an Rachen, Kehlkopf und Luftröhre bis zu den winzigen Lungenbläschen. Hier findet der Gasaustausch statt. Der Austausch von neuer Energie und altem Ballast. Das Blut nimmt den frischen Sauerstoff auf und gibt dafür den „alten Ballast“, das Abfallprodukt Kohlendioxid, ab. Durch unsere Ausatmung wird das Kohlendioxid ausgeschieden. Komplizierte Geschichte, diese Atmung. Zum Glück macht unser cleverer Körper das von selbst, ohne, dass wir uns aktiv damit beschäftigen müssen.

Unsere Atmung ist vegetativ, das heißt unbewusst gesteuert und gleichzeitig unserem Willen zugänglich, sodass wir sie absichtlich manipulieren können. Wir können also ganz gezielt tiefer, flacher, schneller oder langsamer atmen.

Infografik über das Atemsystem

Ein Wunderheilmittel! Wir können dadurch direkten Einfluss auf unser Wohlbefinden haben. Die letzten Sekunden vor dem großen Bühnenauftritt und das Lampenfieber packt uns? Durch ein paar tiefe, bewusste Atemzüge in den Bauch ist es uns meist möglich die Situation wieder in den Griff zu bekommen und zu unserer normalen, entspannten Atmung zurückzufinden.

Um dir das Atemsystem am menschlichen Körpers zu veranschaulichen, stelle ich dir hier eine Infografik zum Download zur Verfügung.

 


Power im Zwerchfell: Was passiert während wir atmen?

Auch unser Zwerchfell ist an dem ganzen Spaß beteiligt. Das Zwerchfell trennt Brustkorb und Bauchraum voneinander und ist der wichtigste Muskel der Atemmuskulatur.

Bei der Einatmung macht das Zwerchfell Platz, senkt sich nach unten ab und die Bauchdecke wölbt sich leicht nach vorne. Im Brustraum entsteht so eine Art Sog, wodurch die Lunge sich mit dem frischen Sauerstoff füllt. Bei der Ausatmung passiert genau das Gegenteil: Unser Zwerchfell entspannt sich und hebt sich durch den Druck der Bauchorgane wieder nach oben. So wird die verbrauchte Luft aus den Lungen gepresst und zieht sich wieder zusammen.

Wie entstehen Töne und wie können wir sprechen?

Für uns ist es selbstverständlich, dass wir sprechen können. Wir machen den Mund auf und schon nimmt das Gebrabbel seinen Lauf. Der Ton entsteht ohne Anstrengung, ohne darüber nachzudenken. Was sich so einfach anhört, ist aber ein hochkomplexer Vorgang.

Unsere Stimme hat so einiges auf dem Kasten: Wir können singen, kreischen, weinen, flüstern oder ganz normal sprechen. Unsere Grundlaute werden durch unsere Ausatmung erzeugt. Hast du schon mal während dem Einatmen versucht zu sprechen? Stell dir mal vor, wir würden ausschließlich so miteinander kommunizieren! Puh, das wäre anstrengend und ganz schön lächerlich.

Kleiner Fun Fact, um die Lehrer-Schüler-Situation aufzulockern: Wusstest du, dass wir mit zugehaltener Nase nicht summen können? Probiere es aus! Der Summton wird nämlich durch unsere Stimmbänder erzeugt und entsteht nur, wenn unser Mund geschlossen ist und wir langsam durch die Nase ausatmen.

Der obere Teil unserer Luftröhre ist der Kehlkopf. In ihm befinden sich zwei Stimmbänder, die die Luftröhre bis auf einen kleinen Spalt verschließen – unsere Stimmritze. Bei der natürlichen Atmung sind die Stimmbänder entspannt und die Stimmritze ist weit geöffnet, damit die Luft ungestört ein- und ausströmen kann.

Wollen wir nun einen Ton erzeugen, strömt die Luft bei der Ausatmung hinaus und die Stimmbänder ziehen sich enger zusammen. Die vorbeiströmende Luft versetzt die Stimmbänder in Schwingungen. Da wir nicht möchten, dass jeder Ton gleich klingt, müssen sich die Muskeln um die Stimmlippen herum unterschiedlich anspannen: Bei tiefen Tönen sind sie lockerer, bei hohen ziehen sie sich fester zusammen. Und dann sprechen wir? Noch nicht ganz. Die Stimmbänder sind nur für die Tonhöhe und -stärke verantwortlich. Sie liefern lediglich die Grundtöne. Die Lautbildung, also die Artikulation, entsteht in Nasen-, Rachen- und Mundraum, unserem Ansatzrohr. Dafür müssen wir Zunge, Mund, Lippen und Zähne ganz gezielt bewegen, um sprechen zu können.

Wieso verändert sich unsere Stimme im Laufe des Lebens?

alte Hand und junge Hand

Auch unsere Stimme wird älter und verändert sich ein Leben lang. Photo by Rod Long on Unsplash

Unser Körper verändert sich mit den Jahren. Genauso wie sich unsere Stimme verändert, wenn wir älter werden. Ein Grund dafür, ist die unterschiedliche Länge und Dicke der Stimmbänder, die die Tonhöhe bestimmt. Männer sprechen in der Regel tiefer als Frauen. Da ihr Kehlkopf größer ist, haben sie auch automatisch längere Stimmbänder.

Im Kindesalter haben Junge und Mädchen eine hohe Stimme, da ihre Stimmbänder noch recht kurz sind. Erst im Laufe der Pubertät wachsen die Stimmbänder bei den Jungen und werden länger und dicker. Daher können Jungs ihre Stimme während der Pubertät kaum kontrollieren und Wechseln zwischen männlicher und kindlicher Stimmlage hin und her.

Mit dem Erwachsenenalter legt sich das. In der Blüte unseres Lebens haben wir eine relativ stabile Stimme, der viel abverlangt wird. In dieser Zeit wird die Stimme am stärksten beansprucht und gefordert.

Im Alter, etwa nach dem 60.- 65. Lebensjahr, nehmen wir die altersbedingten Veränderungen in unserem Körper wahr, die auch Auswirkungen auf unsere Stimme haben. Der Spieß wird umgedreht: Frauen klingen tiefer und Männer höher.

Übung: Die Atemstützfunktion

Lange Sätze in Hörbüchern machen dich nervös, weil du Angst hast, nicht genügend Luft vorrätig zu haben? Ein Instrument, um den Atemstrom für längere Absätze langsam und gezügelt ausströmen zu lassen ist die „inspiratorische Gegenspannung“, auch „Atemstützfunktion“ genannt.

Wirkung: Durch Einsatz der Atemstützfunktion kann die Phase der Atmung, genauer gesagt der Ausatmung, verlängert werden. Bei regelmäßiger Übung werden das Zwerchfell und die Atemhilfsmuskulatur gestärkt und trainiert.

  1. Aufrechte Haltung, Schultern entspannt
  2. Hüftbreiter Stand, die Füße sind parallel zueinander ausgerichtet, Knie leicht gebeugt
  3. Kräftig ausatmen und alle Glieder ausschütteln
  4. Lege eine Hand auf Deinen Bauch
  5. Danach durch die Nase Luft holen und tief bis in den Bauch hinein einatmen (nimm dabei bewusst wahr, wie sich deine Lungenflügel mit Sauerstoff füllen und sich die Bauchdecke nach außen wölbt)
  6. Beim nächsten Ausatmen muss die Luft auf ein langgezogenes fffffffffffff… herausströmen (achte darauf, dass der Bauch beim Ausströmen der Luft eine gewisse Gegenspannung bietet, aber ohne, dass er sich dabei verkrampft oder stark anstrengt)

 

Viel Spaß beim Anwenden!