Lernen für die Sprecherausbildung

Sprecherausbildung – lohnt es sich?

  • 12. April 2020

„Eine Sprecherausbildung? Für was denn? Du kannst doch super sprechen!“

Bevor ich meine Sprecherausbildung angefangen habe, musste ich haufenweise Aufklärungsarbeit leisten. Die Wochen vor dem Semesterstart wurden durch lustige und lästige Konversationen geprägt, die sich rund ums Sprechen drehten. Zugegeben, meine Entscheidung eine Sprecherausbildung zu starten war nicht unbedingt vorhersehbar und hat meine Freunde und Bekannte etwas verwirrt. Ich bin gelernte Industriekauffrau, habe einen Vollzeitjob mit einer 40-Stunden-Woche, nebenberuflich meinen Betriebswirt gemacht und Nachtschichten geschoben. Getreu dem Motto: „Wer nichts wird, wird Betriebswirt.“ Nichtsdestotrotz war ich schon immer ein kreativer Mensch und bin Aufgaben anders angegangen als meine Mitstudent*innen.

Mein Weg zum Sprecher

Jeder hat seine eigene Motivation eine Sprecherausbildung zu absolvieren. Ganz gleich, ob du später als Synchronsprecher deine Brötchen verdienen möchtest oder ob du in Geschäftsmeetings nicht weiter fragend angeschaut werden willst, nachdem du die neue Standortstrategie in einem fränkischen Genuschel hervorgepresst hast. Meine Motivation: Nach dem Betriebswirt war mir langweilig. Ich spürte, dass ich mir eine neue Herausforderung suchen musste. Damals habe ich oft bei Radio-Gewinnspielen für meine Lieblingsfestivals mitgemacht. Immer wieder bekam ich das Gleiche zu hören: „Du hast eine richtig schöne Stimme.“ Meine Diskrepanz zwischen Eigen- und Fremdwahrnehmung ist riesig, weswegen ich nicht verstanden habe, warum ich das immer gesagt bekam. Aber irgendwas musste ja dran sein. Zack – schon hatte ich meine neue Herausforderung gefunden.

Dir geht es ähnlich? Du fragst dich, ob eine Sprecherausbildung überhaupt das Richtige für dich ist? Lass mich meine Erfahrung mit dir teilen.

Diese Möglichkeiten hast du

On Air – als Volontär im Radio. Eine von vielen Möglichkeiten, um in das Sprecherbusiness einzusteigen. Bild von Michi S auf Pixabay

Eines vorweg: Eine klassische Sprecherausbildung, mit der du am Ende den Markt erobern wirst, gibt es nicht. Dir stehen viele Türen offen – du musst nur durch eine hindurchgehen.

Ich habe mich für eine Sprecherausbildung an einer privaten Akademie entschieden, da ich sie nebenberuflich machen konnte. Hier helfen dir erfahrene Sprechtrainer, deine Stimme individuell auszubilden und weiterzuentwickeln. Es muss aber nicht sofort eine teure Sprecherausbildung sein, um Deinem Ziel ein Stück weit näherzukommen. Du kannst Coachings durchlaufen oder Workshops besuchen. Mach eine Schnupperstunde oder schau dir Übungsbücher an. Du interessierst dich vor allem für das Synchronsprechen und bist schauspielerisch begabt? Geh kleine Schritte. Es gibt haufenweise freie Theatergruppen, in denen du vorerst Erfahrung sammeln kannst, bevor du dich für ein Schauspielstudium entscheidest.

Du kannst auch den Weg über das Radio gehen. Ein Volontariat ist quasi eine Ausbildung für Redakteure und ermöglicht dir einen Einstieg in die Medienbranche. Inhalt und Gehalt sind von Sender zu Sender unterschiedlich, in der Regal dauert es zwischen 12 und 24 Monaten.

Egal welchen Weg du wählst, es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Der Schlüssel zum Erfolg lautet üben, üben, üben. Mein Tipp: Tue, was auch immer dein Herz in Aufruhr versetzt und folge allem, was dich fasziniert. Trau dich und der Rest fügt sich von ganz allein.

Was ich in der Akademie gelernt habe

Der Sprecherberuf ist ein Knochenjob, der deinen ganzen Körper beansprucht. Du glaubst mir nicht? Dann schau dir diesen Blog-Artikel an und du wirst staunen, wie eng Körper, Atmung und Stimme zusammenarbeiten.

Wir haben uns während der Sprecherausbildung viel mit Tonalität, Betonung und Stimmfarbe beschäftigt. Es ist also ein gutes Zeichen, wenn du  gesagt bekommst, dass du eine „schöne Stimme“ hast. Das bedeutet, dass deine Stimme anderen auffällt und dein Umfeld dir gerne zuhört. Eine hilfreiche Gabe, die du während deiner Sprecherausbildung weiter ausbauen kannst.

Wie du in meinem letzten Blog lesen konntest, macht es einen enormen Unterschied, ob du einen Werbespot, einen Sachtext oder ein Hörbuch sprichst. Die Herausforderung für den Sprecher ist es, permanent neue Stimmcharaktere rollengerecht anzulegen, damit du jede Figur glaubhaft sprechen kannst. Nach deiner Sprecherausbildung besitzt du ein ganzes Repertoire an Übungen und Tipps & Tricks, wie du deine Stimme aufwärmst und wie du mit ihr umgehst. Das und vieles mehr wirst du lernen.

Fazit

Eine Sprecherausbildung kann ich jedem ans Herz legen, der mit einem neuen Körpergefühl und Selbstbewusstsein anderen Menschen gegenübertreten möchte. Der achtsam mit seiner Stimme umgehen möchte. Der seinen Kindern die nächste Gute-Nacht-Geschichte mit einer ganz anderen Magie erzählen möchte. Lass dich auf das Abenteuer ein.

Eine persönliche Buchempfehlung zum Schluss: Mein Lieblingsbuch, um in die Materie einzusteigen. Ich habe es mir vor meiner Sprecherausbildung gekauft und viel darin gestöbert.

Der kleine Hey: Die Kunst des Sprechens

„Julius Heys Lehrwerk über die elementaren Grundlagen der „Kunst des Sprechens“ ist das fundamentale Lehrbuch für die sprechtechnische Ausbildung der Schauspieler, Redner und Sänger wie aller weiteren mit dem gesprochenen Wort verbundenen Berufe und nicht zuletzt eine wertvolle Hilfe für den Schulunterricht und das private Studium.“